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Festgefahren im Sturm

Vorbei die sonnigen Tage, jetzt hat uns der arktische Winter voll erwischt. Im zehn Minuten-Takt fährt der Schneepflug die Straße auf und ab, beseitigt den Schnee, den der Sturm sofort wieder auf die Straße weht. Seit Tagen zeigt das Thermometer -22 Grad, bei Wind fühlt es sich deutlich kälter an. Im Bus ist es warm, die Heizung surrt leise. Der Wind überzieht den Gecko mit Eis, kühlt ihn so stark ab, dass die Luftfeuchtigkeit im Inneren nicht nur kondensiert, sondern an Scheiben, Schlössern und Türen gefriert. Mal gehen sie auf, mal hilft nur der Fön. Haralds Motor springt seit drei Tagen nur mit Starthilfe an. Und die nächsten zwei Tage kommt noch ein arktischer Sturm dazu. Zwei Tage soll er dauern, genauso lange reicht unser Gas. Was aber, wenn der Sturm länger dauert und wir hier nicht weg kommen, denke ich. In dieser Kälte ist eine warme Stube noch wichtiger als ein Stück Brot.

 

Wenn wir gleich jetzt nach Abisko fahren, sollten wir die 6 Kilometer noch schaffen, denken wir. Leider ist unser Plan so nicht aufgegangen. Eigentlich sind wir froh, dass wir alles ohne größeren Schaden überstanden haben. Wir starten Richtung Abisko. Kaum sind wir auf der Straße, merken wir, dass war kein guter Plan. Die Straße ist spiegelglatt, überall liegt Triebschnee. Die Sicht reicht gerade bis zur Motorhaube. Es dauert keine 500 Meter, plötzlich kurzer Zug auf dem rechten Rad und der Gecko sitzt tief im Schnee im Straßengraben. Stefan setzt zurück, hofft, dass vielleicht ein Reifen wieder greift. Nichts, wir graben uns immer tiefer ein. Wir holen die Schaufeln, buddeln und graben, es geht weder vorwärts noch rückwärts. Am Ende hat der Gecko auch noch Schieflage. Mist, denke ich, wie sollen wir hier jemals wieder rauskommen. Die 6 Kilometer bis Abisko laufen ist bei diesem Sturm unmöglich. Der Wind ist beißend und weht uns fast von der Straße. Die Schneeflocken fühlen sich fast wie Nadelstiche an, mein Gesicht brennt und tut weh. Meine Finger schmerzen und sind steif gefroren.

Plötzlich hören wir ein vertrautes Kratzen. Aus dem Nebel taucht der Schneepflug auf. Er ist unsere Rettung. Wir befestigen unser Abschleppseil an seiner Schneeschaufel, der Schneepflug-Mann legt den Rückwärtsgang ein und schon steht der Gecko unbeschadet wieder auf festem Boden. Das war knapp. Alleine wären wir aus diesem tiefen Schneehaufen nie rausgekommen. Im Straßengraben sammelt sich in Lappland metertiefer Triebschnee an. Der Übergang zwischen Straße und Graben ist kaum zu erkennen, wer zu weit nach rechts kommt, landet unweigerlich im Straßengraben. Für uns, die aus dem milden Rheinhessen kommen, wo ein "richtiger" Winter alle paar Jahre mal sein Gastspiel hält, eine neue, eindrucksvolle Erfahrung.